IWM und Science Museum
Auf meiner lockeren und nicht abzuarbeitenden ToDo-Liste für London standen unter anderem das Imperial War Museum und das Science Museum. Gerade
das IWM bot sich für den heutigen Tag an, da es nur einige Gehminuten von Simons Wohnung bei Elephants & Castle steht. So machte ich mich auf.
Auf dem Weg gab es übrigens eine interessante Hauswand: Grünzeug kann in der Stadt auch vertikal wachsen.
Sehr schön: das London College of Communication hat ein klares Statement an ihrer Fassade:
Bald lag das IWM vor mir, schön eingebettet in einen kleinen Park:
Dass ein Zwillingsgeschütz die Besucher begrüßt darf bei einem "Kriegsmuseum" nicht verwundern:
Auch in diesem Museum galt: der Eintritt ist frei, um eine Spende wird aber gebeten. Davor gab es erneut wieder eine Sicherheitskontrolle wie am Flughafen: alles
aus dem Rucksack räumen, keine Messer und Waffen mitnehmen und freundlich lächeln. Das wäre ja alles zu unserer eigenen Sicherheit und niemand hat etwas zu
verbergen.
Erstaunt war der Kontrolleur über mich und er rief gleich seinen Kollegen zu sich. Vermutlich hat er noch keinen Fliegerbaeren kennen gelernt und so war es
eine gute Gelegenheit, mich vorzustellen. Sehr ausgiebig und die zwei Wärter hatten viel zum Lachen dabei. Dann wünschten sie mir noch viel Spaß und waren sicher, dass
ein flugsüchtiger Bär in ihrem Museum bestimmt etwas finden würde.
Und dann kommt Bär nach der Spende in das Treppenhaus und weiß gleich, warum die Wärter so gegrinst haben:
Aber erst hieß es noch, den Rucksack in ein Schließfach zu legen und welche Schließfachnummer sucht sich ein Fliegerbaer raus? Genau.
Das Imperial War Museum wurde in den letzten Jahren neu strukturiert und es hat dem Museum gut getan. Während im großen Saal viele Geräte aus verschiedenen
Epochen quer zusammen stehen und hängen, werden in den Nebengängen und Sälen einzelne Thematiken behandelt, bspw. Bio- und Atomwaffen.
Auf der untersten Ebene ging es um den 1. Weltkrieg. Ein einzelner Weg führte durch diese Ausstellung und legte dar, wie sich die Waffen in dieser Zeit entwickelten.
Teilweise war es für mein Empfinden aber zu sehr auf "Erlebnis" ausgelegt - durch bummeln, Kleidung und Waffen anschauen und ein schon fast Erlebnisparcour durch
einen Schützengraben. Ein großer historischer Kontext (mittel- und unmittelbarer Anlaß, Auswirkungen) fehlte mir.
Anders eine Ausstellung zur Frage des Wertes von Kunst. An Hand der Bombardierungen von London im 2. Weltkrieg wurde die Frage angegangen, wie viel uns Kunst wert
sein darf, auch in Relation zu Menschenleben. Mit viel Aufwand wurden Kunstschätze in den Londoner Museen verpackt und mit Zügen in Bunker und Bergwerke außerhalb
des Großraums von London evakuiert. Hätte man mit den Zügen und dem Geld nicht auch Menschenleben retten können? Wer entscheidet dies und wie viel ist ein Gemälde
wert? Welches Gemälde? Und was sagt Kunst über unsere Zeit und über die vergangenen Epochen aus? Dass dies nicht einfach zu beantworten ist zeigten auch interaktive
Fragen, die auf vielfältige Weise den Besucher mit Entscheidungen konfrontierte. Nach einer Antwort wurde jeweils angezeigt, wie sich andere Besucher an diesem Tag
entschieden haben.
Dass diese Fragen auch heute noch aktuell sind, wurde mit einem Video der Sprengung der Buddhas von Bamiyan durch die Taliban im Jahr 2001 verdeutlicht. Die Statuen
sind nun unwiderruflich verloren und jahrhundertealtes Kulturgut vernichtet. Aber auch positive
Beispiele wurden gebracht, bspw. der Aufbau der Dresdner Frauenkirche als Symbol über die Grenzen Deutschlands hinweg.
Eine einfach gehaltene, aber sehr eindrückliche Ausstellung, die zum Nachdenken über eigene Grenzen und rote Linien einlädt.
Ein dritter erwähnenswerter Rundgang befasst sich auf zwei Stockwerken mit dem Holocaust. Auf einfache Art und Weise wurden sowohl Einzelschicksale von Juden als
auch die schiere Masse der Massenvernichtung mit der dahinter stehenden Struktur und Logistik dargestellt. Eindringlich und doch einfach war eine meterlange
Vitrine, gefüllt mit Schuhen von vergasten Menschen.
Gut und deutlich nötig war auch die Möglichkeit, am Ende der Ausstellung in einem ruhigen Raum Platz zu nehmen und das
Unglaubliche, aber trotzdem Gesehene in Ruhe gedanklich zu verarbeiten. Einfach ist das für mich trotz mehrerer Auseinandersetzungen mit dieser Zeit und
Besuchen von KZ Dachau und Auschwitz immer noch nicht.
"Ihr seid nicht schuld an dem, was war, aber verantwortlich dafür, dass es nicht mehr geschieht."
Max Mannheimer
Daran werden wir uns messen lassen müssen und das ist eine schwere Aufgabe, die jeder einzelne von uns mitträgt.
Das wenige Sonnenlicht, welches nach dem Verlassen dieser schweren Ausstellung mich wieder empfing, war wie ein kleines Geschenk.
Etwas bedrückt verließ ich nun das Museum und machte mich auf zum Leicester Square. Auf Grund der Bitte einer einzelnen Person (ein wunderschönes Mädchen mit
strahlenden Augen, welches mich anhimmelt) sollte ich dort in einem bestimmten Laden noch ein T-Shirt mit Nacht-leuchtenden Werwolf-Aufdruck besorgen. Die Tube
brachte mich schnell zur entsprechenden Station und der Kontrast zum ruhigen Museum war enorm: Touristenmassen (ja, ich bin ein Teil davon), Clowns und Artisten
und am Leicester Square ein Christkindlmarkt. Erstaunlich: im daneben liegenden Lego-Store musste Bär sich nicht anstellen wie im August, sondern konnte direkt
hinein gehen. Da bot sich ein Foto des U-Bahn-Planes gleich an:
Auf dem weiteren Weg zu dem phänomenal kitschigen Laden telefonierte ich dann mit Linus und fragte ihn, ob er ebenso wie seine Schwester ein T-Shirt wünscht.
Das T-Shirt war dann schnell besorgt und so ging es mit der Victoria Line vom Picadelly Circus (heute ohne Straßenmusikanten) weiter nach South
Kensington. Und dann wieder eine kleine Überraschung, die mich fasziniert: von der Station ging es einen langen Fußgängertunnel bis zum Science Museum.
Vor Regen, Unwetter und auf der falschen Seite fahrenden Autos gut geschützt. Durch kleine Kuppeln kam das Tageslicht herein.
Im Science Museum hieß es wieder: Sicherheitskontrolle und freier Eintritt bei deutlicher Bitte um eine Spende. Das machte ich gerne, allerdings gab ich
diesmal meinen Rucksack nicht an der Garderobe ab - diese schloß nämlich eine Stunde vor Ende der Öffnungszeiten des Museums. Dann kann ich gleich selbst den
Rucksack tragen (lassen).
Natürlich ging es als erstes zur Ausstellung von "50 Jahre Mondlandung". Dort waren die Meilensteine auf dem Weg zur Mondlandung dargestellt sowie ein
1:1-Modell der Mondlandefähre und ein Astronautenanzug:
Auch die Original-Landekapsel von Tim Peake, einem britischen Astronauten, war zu sehen, ebenso wie weitere Modelle von britischen Raketen und Satelliten.
Im Untergeschoss war eine Sonderausstellung zum Thema TOP SECRET: From Ciphers to Cyber Security. Hier konnte man spielerisch sich beim Code-Knacken mit
verschiedenen Schwierigkeitsleveln betätigen und die spannende Geschichte über ENIGMA nachlesen. Ein großer Teil ging um die Spionage im Kalten Krieg und heute.
Wer jetzt auch kritische Töne erwartete wurde enttäuscht: der GCHQ war der Kurator und so wurde der GCHQ selbst als äußerst loyale, sich an alle Gesetzte haltende
und nur für die Allgemeinheit arbeitender Service dargestellt. Passend dazu gab es auch gleich den passenden Merchandising-Shop.
Da ging ich doch lieber weiter in die Verkehrsabteilung, wo ich auch mein Lieblingsauto vorfand:
Es gibt einfach kein schöneres Auto und der Klang des Motors ist wunderbar charakteristisch. Und ich bin oft mit meinem roten VW Käfer zum Flughafen gefahren (und
zur Hochzeit meiner Menschen). Einfach nur wunderschön.
Auch schön waren die verschiedenen Flugzeuge in der entsprechenden Ausstellung. Nur schade, dass der Flugsimulator bereits viel zu früh geschlossen hat (genauso
wie das IMAX). Aber auch das Bummeln machte Spaß. Und habe ich erwähnt, dass die Dachkonstruktion sehr schön ist:
Um 18 Uhr schloß das Museum und so spazierte ich vor zur Royal Albert Hall am Hyde Park.
Gegenüber des nach ihm benannten Konzerthauses saß Albert auf seinem Thron und sah dem Treiben zu - leider war das Gelände großräumig abgesperrt und ich konnte
nicht näher heran gehen.
Hier geht es weiter zum Gruseln.
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